Ungarn - durch die große Tiefebene nach Szeged
Donnerstag, der 29. Mai 2008 (2. Reisetag)
Nach einem ausgiebigen Frühstück packten wir unsere Taschen auf
die Motorräder und starteten Richtung Ungarn. Es ging noch etwa 60
Kilometer auf slowakischem Territorium durch flaches, ebenes Land.
In der Slowakei Motorrad zu fahren ist recht entspannend. Wer
langsamer ist, weicht über die rechte Markierungslinie auf den
Standstreifen aus, den es auf allen größeren Landstraßen gibt. So
kann der Schnellere zügig überholen.
Schließlich bogen wir auf eine kleine Straße nach
Györ ab, die es in sich hatte.
Auf Betonplatten mit erheblichen Höhenunterschieden war einfach eine Teerdecke aufgezogen worden auf der wir gen Ungarn hoppelten. Ab der Donauüberfahrt war es dann zum Glück mit dem Gehoppel wieder vorbei.
Von Györ verlief unsere geplante Route nach
Szekesfehervar. Meine Erinnerungen kehrten beim
Fahren auf dieser Straße zurück. Wie oft war ich diese Strecke
schon vor 25-30 Jahren gefahren, zu allen Jahreszeiten, sowohl mit
dem Auto als auch mit dem Motorrad. Mancher Blickwinkel kam mir
bekannt vor, aber es hat sich innerhalb der letzten drei
Jahrzehnten doch sehr viel dort verändert, angefangen vom
Gesellschaftssystem, dass Freiheit und Wohlstand für alle
versprach, an dem aber nicht alle bis heute teilhaben.
Zumindest, wenn man den Wohlstand an der Zahl der Autos misst,
gehört Ungarn zu den reichen Nationen. Es ist erstaunlich was sich
so alles über die schmalen, kurvenreichen Landstraßen quält. Ein
unwahrscheinlicher Verkehr, der erst nach
Szekesfehervar auf der Straße nach
Dunaföldvar erträglich wurde.
Schließlich erreichten wir Dunaföldvar und fuhren durch die kleine, nette Innenstadt in Richtung Kecskemet, die nächste, großen Stadt, die im Zentrum der großen ungarischen Tiefebene liegt. Bis wir allerdings dort ankamen, aßen wir in Solt, dem früheren Ziel meiner Fahrten, zu Mittag. Auch in diesem Ort hat sich sehr viel verändert, so dass ich ihn kaum wiedererkannte. Einzig noch das Schild am Restaurant "Aranykulcs Vendeglö" war das selbe wie in früheren Zeiten.
Dann ging die Fahrt weiter über eine immer geradeausführende
Straße, mit vielen Baustellen und einem enormen Lasterverkehr. Wir
nutzen jede Baustellenampel um vor die LKW-Schlange zu kommen. Nach
einer Stunde Fahrt für die 60 Kilometer, kamen wir in
Kecskemet an und änderten die Richtung nach Süden,
da Szeged ganz im Südosten des Landes liegt. Noch
einmal 90 Kilometer waren zurückzulegen. Eigentlich wollten wir die
Abkürzung über Soltvadkert nehmen, aber irgendwie
müssen wir an der Abbiegung vorbeigefahren sein.
Auch diese Strecke zeichnet sich nicht durch landschaftliche
Finessen aus und der Straßenverlauf ist meist schnurgeradeaus. Es
lies sich aber durch die gute Straßendecke wunderbar schnell
fahren, so dass die Kilometer nur so hinter uns flogen.
So erreichten wir unser Tagesziel Szeged. Nun
mussten wir nur noch unsere vorgebuchte "Palma Panzio" in der Mitte
Szegeds finden, ein nicht einfaches Unterfangen.
Der Verkehr ist auf den Hauptstraßen vier- und sechsspurig, in der
Mitte noch mit Straßenbahngleisen.
Durch Zufall sind wir auf der richtigen Straße ins Zentrum gefahren
und als ich nach dem Weg fragte, waren wir nur noch 300 Meter von
unserem Ziel entfernt. So überquerten wir die Hauptstraße mit den
Straßenbahnschienen, um auf der anderen Seite in eine kleine Straße
einzubiegen.
Es war erstaunlich; nur ein paar Meter von der Hauptstraße
entfernt, kam man sich vor, als würde man sich in einem ungarischen
Dorf befinden. Kleine Häuschen im typischen Baustil mit maximal
zwei Obergeschossen und kleinen Höfen und Gärten, sowie Bäumen am
Straßenrand.
Nach weniger als 5 Minuten standen wir vor unserem Übernachtungsdomizil, der "Palma Panzio".
Für den Abend war geplant, dass wir mit einer lieben, alten
Bekannten, die seit 25 Jahren in Szeged lebt und am dortigen
Theater in der Künstlergarderobe arbeitet, uns die Innenstadt
anschauen.
Zuerst jedoch fuhren wir mit einem Taxi zu einem unter Ungarn als
Geheimtipp für Fischspezialitäten gehandelten Restaurant an der
Theiß (Tisza) und aßen gemütlich zu Abend.
Dann fuhren wir mit dem Taxi in die Innenstadt und unternahmen eine kleine Sightseeingtour. Ich stellte fest, dass meine ungarisch Kenntnisse von früher her noch gut genug waren, um eine Unterhaltung zuführen, da die Bekannte kein deutsch spricht. So neigte sich der Tag und es wurde allmählich dunkel.
Zuerst besichtigten wir ihre Arbeitsstätte und bekamen eine Privatführung durch das Theater, dass wirklich in seiner ganzen Pracht beeindruckend war.
Danach spazierten wir zum Ufer der Theiß und weiter in die Fußgängerzone, wo wir noch ein Bier tranken. Dann fuhren wir mit dem Taxi heim, da wir zu faul und zu müde waren, die 15 Minuten zu Fuß zur Pension zu laufen.
gefahrene Tageskilometer: 390
Freitag, der 30. Mai 2008 (3. Reisetag)
Nach unserem Frühstück begann das obligatorische Packen. Da unsere Bekannte in der Nähe mit Ihrem Lebensgefährten und ihrem Kind wohnt, kam sie noch einmal vorbei, um sich von uns zu verabschieden.
Was mir noch am Rande bemerkenswert scheint, war, dass im
Frühstücksraum eine Karte von Groß-Ungarn hing. Als ich mir diese
näher betrachtete stellte ich fest, dass Ungarn sich wohl in seiner
K&K-Glanzzeit bis zur polnischen Grenze erstreckte und Teile
der heutigen West-Ukraine, Transsylvaniens und den halben Balkan
als Territorium innehatte. Als ich unseren Pensionswirt darauf
ansprach, stellte er nur lakonisch fest, dass andere Länder diese
ungarischen Gebiete gestohlen hätten.
Das heißt wohl die, die heute auf unseren Landkarten eingetragen
sind. Das ist ungarischer Nationalstolz
Wir verließen nun Szeged und überquerten die Theiß in Richtung Arad (Rumänien). Auch dieser Streckenabschnitt war eher unspektakulär und zog sich über knappe 60 Kilometer bis zur rumänischen Grenze.
weiter in Rumänien